Weshalb wir bei SRF Whatsapp einsetzen

Zum ersten Mal setzt ein deutschsprachiges Medienunternehmen auf einen Kanal, der bereits seit Jahren zum Alltag einer ganzen Generation gehört: Schweizer Radio und Fernsehen lanciert an diesem Wochenende einen zeitlich begrenzten Test, News und Hintergründe den Usern auch via Whatsapp zukommen zu lassen.

Whatsapp gehört in der Schweiz zu den beliebtesten und am häufigsten installierten Apps auf Smartphones – bei den meisten Nutzern befindet sich die App ausserdem auf dem ersten Screen und ist so also stündlich mehrfach sichtbar. Sei es die Nachricht von gestern Nacht, schnell ein lustiges Bild von unterwegs oder die erschreckenden Überschwemmungen im Nachbardorf: Alles wird auf dieser App rund um die Uhr geteilt. Zu diesem Schluss kam jüngst auch die «Media Use Index 2014»-Studie der Y&R Group Switzerland.

Umso häufiger stellt sich deshalb auch für Medienunternehmen die Frage, wie sie ihre Inhalte auf dieser Plattform zur Verfügung stellen. Reicht ein Whatsapp-Share-Button, um die Inhalte teilbar zu machen? Diese Frage stellt auch Guardian-Digitalstratege Wolfgang Blau zu Recht.

Wir bei SRF haben die Möglichkeit eines solchen Share-Buttons zwar auf dem Radar, denken aber, dass es mehr braucht, um Inhalte wirklich an die User zu bringen. Aus diesem Grund lancieren wir an diesem Wochenende einen zeitlich begrenzten Test mit einem eigenen Whatsapp-Account. Hier haben wir beschrieben, wie Nachrichten von SRF News auf diesem Kanal abonniert werden können.

Bereits während der Wahlen in Indien sammelte BBC erste Erfahrungen mit verschiedenen Nachrichten-Applikationen. Die Resonanz beim Broadcaster war riesig: Viele User empfanden die Ansprache via Nachrichten-App, die sie täglich nutzen, persönlicher als über andere Kanäle. Dies hängt zum einen mit der direkten Push-Funktion des Mediums zusammen. Andererseits trägt natürlich auch die direkte Ansprache dazu bei, dass sich User ernster genommen fühlen. Auf diese Erfahrungen wollen wir bei SRF aufbauen.

Aber warum Whatsapp?

Datenschutz, Kauf von Facebook, Server in den USA – von all dem nichts gehört? Dies mag sich der eine oder andere zur Ankündigung unseres Tests gefragt haben. Auf jeden Fall haben wir uns dazu Gedanken gemacht – auch und vor allem, weil es in der Schweiz mit Threema und MyEnigma einige durchaus bemerkenswerte Konkurrenten zu Whatsapp gibt.

Trotzdem ist es in einer solch beschränkten Zeitspanne extrem schwierig, eine völlig neue Community mittels einer Applikation, die noch nicht wirklich eine hohe Durchdringung in der Gesellschaft geniesst, aufzubauen. Ausserdem bietet Whatsapp mit der aktuellen Version einige Funktionen, die für unseren Test notwendig sind und in dieser Form von der Konkurrenz (noch) nicht angeboten werden.

Wir sind gespannt auf die Erfahrungen, die wir in diesem neuen Feld sammeln können – und freuen uns über reges Feedback, sei dies via Twitter, Facebook oder natürlich Whatsapp.

Medienreaktionen

18 Kommentare

Toll, dass Verlage, Redaktionen und Medien dieses mal den Trend nicht verschlafen wollen (vgl. Social Media) – eines gilt es jedoch zu bedenken: Nicht blind drauf los, sondern erstmal eine Strategie zugrunde legen, sonst wird beim ersten Gegenwind das Ganze wieder zerfallen. Meine Sicht auf das Thema: Es gibt einen Grund, weshalb private Messenger beliebt sind, sie stellen einen geschützten Bereich dar, in den sich Leute zurückziehen. Anders als bei Facebook ist es dort nicht so laut (Werbung wohin man klickt auf FB) und wer ist eigentlich noch Freund und wer nicht? Menschen bauen sich Ihre eigenen „Micro-Social Networks“ in Form von Chat-Gruppen und dort sind sie unter sich. Die WhatsApp Philosophie war bisher zumindest klar: No Gimmicks, no ads, no bullshit und die Nutzungsbedingungen schliessen eine kommerzielle Nutzung ausschliesslich aus! Das scheinen aktuell viele einfach zu ignorieren, um einfach „First Mover“ zu sein. Wie man allerdings als Berater, Medienexperte und Unternehmen allen Ernstes einfach blind drauf loslegt und dabei Datenschutz und Privatsphäre-Themen einfach ignoriert ist mir persönlich nicht nachvollziehbar. Aus meiner Sicht ist diese neue Form der Kommunikation sehr spannend und ein Kanal, der erschlossen werden sollte, ABER bitte richtg! Privates und „Geschäftliches“ möchte ich persönlich trennen, ich will nicht zwischen Stammtisch- und Fussballgruppe meinen Bankberater und meine Zeitung sehen. Aber wie sehen das andere hier? Ich setze mich mit dem Thema übrigens sehr intensiv seit 2 Jahren auseinander und habe mit meinem Team (smoope GmbH) einen B2C Messenger entwickelt, der „Service To Go“ ermöglicht. Das heisst Messenger-basierte Interaktion zwischen Unternehmen und Konsumenten, allerdings strikt getrennt von Privatem. Das ist zumindest unsere Sicht auf das Thema und wie es laufen sollte. Über Meinungen und Anregungen freuen wir uns natürlich…

Selbst schuld, wer sich als „Kunde“ auch noch die Werbung abonniert und sich das Aufmerksamkeitsvolumen des Tages noch mehr fragmentiert. Und da wundern sich die Leute, warum sie gestresst, überfordert und mental ausgebrannt sind. Aus Sicht des Werbetreibenden natürlich ne feine Sache, auch noch in den privaten Kernbereich des „Opfers“ vorzudringen. Nun ja, so lange man moralische Bedenken außen vor lässt natürlich. Wenn das Konzept aufgeht, wird WhatsApp dann vermutlich die allseits beliebten Werbeanrufe ersetzen. Oder besser: ergänzen…Schönen Alltag dann noch.

Tolle Idee! Mit WhatsApp zu experimentieren ist ein guter Weg. Es gilt ja hier, erst einmal Erfahrungen zu sammeln.

Noch ein Gedanke zur WhatsApp-Sharing-Funktion: Wir setzen diese auch bei gewissen Kundenprojekten ein. Und ja, Wolfgang Blaus Hinweis stimmt grundsätzlich schon – eine Interaktion gibt es nicht. Aber der Name trägt es in sich – Sharing ist nicht Kommentieren, sondern eben teilen. Was, das man kurz einem Freund schicken möchten, und die Diskussion bzw. das Kommentieren passiert ja dann sowieso in der persönlichen Unterhaltung. Es muss nicht immer alles gleich öffentlich sein!

Hallo Herr Weber, der erste Satz in Ihrem Artikel ist nicht ganz richtig. MDR SPUTNIK testet WhatsApp berets seit mehreren Monaten im Livebetrieb, auch die Kollegen von YOU FM (Hessischer Rundfunk) haben den Dienst seit diesem Sommer im Einsatz. Der Unterschied liegt sicher darin, dass die laufenden Projekte WhatsApp als Kommunikations- und nicht als Broadcast-Instrument verwenden. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse des Tests und freuen uns auf einen regen Austausch zum Thema!
Beste Grüße
Matthias Vorndran
MDR SPUTNIK

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