Wahr oder falsch? Hier kommt die Anti-Gerüchtemaschine

Endlich die Wahrheit (oder zumindest ein Weg dorthin): Auf der Suche nach der Wirklichkeit, überträgt der Journalist Craig Silverman die natürlichen Aufgaben des Journalismus ins Netz – und zwar auf eine bestechend simple Weise. Auf der Website emergent.info sammelt er Gerüchte, Geschichten und Erzählungen aus dem Netz und verfolgt diese bis zu ihrer Falsifikation oder Verifikation.

Es ist längst bekannt: Geschichten, die zu gut sind, um wahr zu sein, verbreiten sich in sozialen Netzwerken wie ein Lauffeuer. Sei es die Nachricht über eine Frau mit drei Brüsten oder einen Mann, der unbemerkt ins Weisse Haus eindringen konnte – Silverman hat sich zum Ziel gesetzt, sämtliche Gerüchte im Netz zu überprüfen.

emergent.info entstand als Forschungsprojekt am Tow Center for Digital Journalism an der Columbia University. Anfang Jahr hat Craig Silverman zusammen mit anderen Journalisten bereits das Verifikations-Handbuch veröffentlicht. Darin enthalten sind viele nützliche Tipps für Journalisten, wie Informationen aus dem Netz verifiziert werden können und welche Vorsichtsmassnahmen es bei der Berichterstattung zu beachten gilt.

In ähnlicher Richtung forscht nun Silverman bei seinem aktuellen Projekt. Hinter emergent.info steckt die Frage, wie sich Gerüchte und Falschinformationen in traditionellen Medien, aber auch sozialen Netzwerken ausbreiten. Ziel des Projekts ist es, aus diesen Erkenntnissen eine Strategie und bewährte Verfahren zu entwickeln, um Falschinformationen aufzudecken.

Wie funktioniert das?

emergent.info ist zum einen maschinen-, zum anderen menschengetrieben. Was bedeutet das? Silverman und sein Team hat ein ausgeklügeltes System von Twitter-Suchen in Kombination mit RSS-Feeds, Google Alerts und anderen Diensten entwickelt, um unbestätigte Nachrichten zu ermitteln. Zentral ist dabei, dass sich diese Nachrichten in ihrer Entstehungsphase befinden – das heisst im Moment des ersten Teilens. Sobald ein solcher unbestätigter Bericht eruiert wurde, sucht Silverman mit Hilfe von Google News nach weiteren Quellen, resp. Medien, die bereits über den Anlass berichteten.

Danach werden die entsprechenden Artikel getrackt, d.h. Metainformationen des Artikels werden zusammengetragen, inhaltliche Updates und Social Media-Interaktionen registriert. Am Ende entsteht für jedes Gerücht ein visualisierter Lebenszyklus.

Jedes Gerücht wird bei emergent.info registriert und dessen Lebenszylkus grafisch visualisiert.

Nachdem genügend Anhaltspunkten zur Überprüfung des Gerüchts zusammengetragen wurden, vergibt Silverman auf emergent.info dem jeweiligen Artikel ein Label (wahr, falsch und unverifiziert). Wie diese jeweiligen Label zustande kommen und wann entschieden wird, ob ein Gerücht wahr oder falsch ist, will Silverman in den nächsten Tagen im Blog zum Projekt verraten.


Nur Menschen können Inhalte aus Social Media überprüfen – eine Anleitung in drei Schritten. Foto: Rafael Mendoza/flickr

Journalisten müssen Inhalte aus Social Media verifizieren. Checklisten und Linktipps habe ich in einer dreiteiligen Serie zusammengestellt.


emergent.info ist ein spannendes Projekt, das eigentlich längst von einem Medienhaus angeboten werden sollte. In eine etwas ähnliche Richtung geht die wöchentliche Rubrik «What was fake on the Internet this week» im Blog «The Intersect» von Caitlin Dewey in der Washington Post. Spannend zu beobachten wird, ob auch andere Medien die Wichtigkeit dieser urjournalistischen Tätigkeit wahrnehmen und den Verifikationsprozess von Craig Silverman in ihren redaktionellen Alltag integrieren.

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