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Will Ihre Organisation agiler werden und hat dazu einen Transformationsprozess ausgerufen? Arbeiten Sie unterdessen in neu zusammengestellten Teams, die abteilungsübergreifend, multidisziplinär und selbstorganisiert Ergebnisse erzielen sollen? Scheint Ihnen, dass dabei vor allem mehr Abstimmungsaufwand und weniger sichtbare Resultate entstehen?
Haben Sie beim Lesen dieser Fragen soeben dreimal innerlich genickt? Dann könnte es sein, dass der Transformationsprozess in Ihrer Organisation zwar in guter Absicht, aber schliesslich doch ohne klares und gemeinsames Ziel lanciert wurde.
Mit dem einfachen Resultat: Die Situation fühlt sich kaum so agil an, wie dies ursprünglich versprochen wurde. Die neu installierten (und agilen?) Teams arbeiten zwar vielleicht tatsächlich abteilungsübergreifender, aber am Ende doch ziemlich unkoordiniert.
Die Einführung von agilen Methoden und Denkweisen in bisher hierarchisch geprägten Organisationen geht deshalb oft mit zahlreichen Trugschlüssen einher. Eine Übersicht.
Trugschluss 1: Agilität löst alle Abhängigkeiten auf
Es ist ein häufiger Trugschluss, dass sich mit der Einführung von agilen Methoden und Prozessen gegenseitige Abhängigkeiten zwischen Teams, Produkten und Abteilungen plötzlich in Luft auflösen. Diese Problematik verschärft sich umso mehr, wenn die agilen Methoden in erster Linie auf operativer Umsetzungsebene implementiert wurden, die Strategie-Ebene davon aber kaum in Berührung kommt. Denn die Strategie- und Umsetzungsebene sind in den meisten Organisationen selten bewusst miteinander verlinkt.
Das führt zu einem Abschotten von Teams. Anforderungen von anderen Abteilungen innerhalb derselben Organisation werden als Widerstände und Bremser abgewehrt. Eine agile Unternehmenskultur entfaltet nur dann ihre Wirkung, wenn die Agilität als verbindender Wert für das gesamte Unternehmen und nicht als Summe zahlreicher agiler Inseln gesehen wird.
Diese ganzheitliche Sicht beginnt bei der Strategie-Definition: Wer Strategie nicht nur als eine riesige Powerpoint-Flut, sondern als laufenden Lernprozess mit Rückkopplung zur operativen Ebene versteht, kann Agilität tatsächlich organisationsweit skalieren.
Trugschluss 2: Agilität führt unmittelbar zu höherem Tempo
Was war der eigentliche Treiber, um einen agilen Transformationsprozess innerhalb Ihrer Organisation auszulösen?
Das Bestreben, mehr Verantwortung von der Führungsebene an die Mitarbeitenden abzugeben? Ging es darum, historisch gewachsene Machtstrukturen aufzubrechen? Oder überzeugte am Ende vor allem das Buzzword und der Wunsch, an zeitgemässen Entwicklungen teilhaben zu wollen?
In vielen Fällen erhofft sich die oberste Führungsebene mit der Lancierung von agilen Transformationsprozessen ein höheres Tempo – sei dies zur Markteinführung eines neuen Angebots oder zur Umsetzung eines internen Projektes.
Geprägt von dieser Hoffnung wird in vielen Organisationen schnell dieselbe Massnahme laut ausgerufen: Das mittlere Management muss gestrichen werden. Entscheide sollen künftig direkt in den Teams und auf der untersten möglichen Entscheiderebene gefällt werden. Zugleich werden aber auch laufend neue (Koordinations-)Funktionen geschaffen und Mitarbeiter:innen eingestellt.
Doch nach Monaten ist kaum eine Verbesserung sichtbar. Das Tempo wurde nicht erhöht. Die Planbarkeit sinkt weiter. Verschärft wird das Problem zusätzlich, da sich die Prioritäten der einzelnen Projekte oft ändern. Mitarbeiter:innen, die dies betrifft, erfahren zu spät davon und die Gründe dafür bleiben «in der politischen Gemengelage» vielfach unklar.
«Ein System ist nie die Summe seiner Teile, sondern das Produkt ihrer Interaktion.»
Russell L. Ackoff, Organisations- und Systemtheoretiker
Der US-amerikanische Organisations- und Systemtheoretiker Russell L. Ackoff prägte bereits weit vor der digitalen Entwicklung eine gesamtheitliche und agile Sichtweise auf Organisationen. Mit Blick auf die heutige Zeit bedeutet seine Aussage, dass bei der Agilität einer Organisation nicht die Anzahl agiler Teams entscheidend ist, sondern vielmehr, dass tatsächlich Interaktionen zwischen den Teams entsteht.
Statt wie wild agile Teams zu schaffen, sollten wir die Interaktionen zwischen diesen Teams «agilisieren» – mit dem Ziel, dass das richtige Team zur richtigen Zeit an den richtigen Dingen arbeiten kann.
Trugschluss 3: Wer Agilität skaliert, transformiert automatisch die Organisation
Die agile Skalierung ist der heilige Gral in der modernen Organisationsentwicklung. Im Kern geht es darum, Produkte und Angebote in mehreren agilen Teams zu entwickeln und dadurch eine lernende Organisation zu gestalten. Die Hoffnung ist, dass sich die Etablierung von agilen Teams mit der Zeit über die gesamte Organisation skalieren lässt – und so die gesamte Organisation agil(er) wird.
Seit den 2010er-Jahren wurden laufend neue Modelle zur Skalierung der agilen Organisation entwickelt: Dazu gehören LeSS, Nexus, Scrum@Scale, SAFe, usw. Diese Theorie-Modelle haben jedoch ein gemeinsames Problem: Die meisten Modelle sind in ihrer Anwendung revolutionär und oft (zu) radikal. Das heisst, sie erfordern zur unmittelbaren Einführung in der Organisation grosse Veränderungen. Die Modelle müssen verstanden, neue Rollen eingeführt und Strukturen angepasst werden.
Klar, dass ein solches Vorgehen umso mehr Ängste und Widerstände auslöst. Wer innerhalb eines Transformationsprozesses zuerst die Methodik detailliert definiert und erst später (wenn überhaupt) nach Ziel und Zweck der Transformation sucht, riskiert, bereits auf dem ersten Prozessschritt die Mehrheit der Mitarbeitenden zu verlieren. Deshalb ist mit einer Skalierung von agilen Teams noch längst kein Veränderungsprozess angestossen, geschweige denn ein Kulturwandel innerhalb der Organisation ausgelöst und gefestigt.
Lösung für die agile Strategieentwicklung: Arbeit mit Flight Levels
Für die agile Strategieentwicklung braucht es deshalb andere Antworten: Methoden, die stärker auf einen evolutionären Ansatz setzen und als Überbrückung von Kommunikationshürden dienen.
Ursprünglich aus der Arbeit mit Kanban entstanden, hat Klaus Leopold das Flight-Level-Modell zur Weiterentwicklung von Organisationen entwickelt. Der Grundgedanke hinter dem Modell besteht darin, den laufenden Wandel in der Strategieentwicklung mit einzuplanen. Das Flight-Level-Modell stellt dazu eine zentrale Frage: Welche Ebene der Organisation bietet welchen Hebel für die Veränderung?
Wer in der eigenen Organisation eine Verbesserung erzielen will, muss sich zuerst darüber im Klaren sein, auf welcher Ebene der beste Hebel dafür angesiedelt ist. Die Flight Levels sollen dabei helfen, die passende Ebene zu identifizieren. Das Modell sieht drei unterschiedliche Ebenen innerhalb der Organisation mit unterschiedlichen Leitfragen vor:
Level 3 – Strategie: Warum gehen wir diesen Weg?
Erfolgreiche Verbesserungen auf dieser Flughöhe führen zu verstärkter Klarheit bei Mitarbeitenden und damit einer präziseren Fokussierung der gesamten Organisation.
Level 2 – End-zu-End-Koordination: Wer ist beteiligt und sind es die richtigen Personen?
Erfolgreiche Verbesserungen auf dieser Flughöhe zielen auf eine gesamtheitliche Sichtweise des Wertstroms der Organisation, z.B. bei der Betrachtung von der Idee bis hin zur Markteinführung eines Angebots.
Level 1: Betrieb: Tun wir die richtigen Dinge auf die richtige Weise?
Erfolgreiche Verbesserungen auf dieser Flughöhe wirken vor allem lokal innerhalb von einzelnen Teams oder Abteilungen mit klarem Blick auf die zu erledigende Arbeit.
Das Flight-Level-Modell im Überblick
Viele Unternehmen tun sich schwer mit Strategieprozessen. Das Flight-Level-Modell hilft, basierend auf laufend neuen Erkenntnissen die Prozessorganisation in kleinen Schritten zu formen. Die Arbeit mit Flight Levels in der Organisation bringt folgende Vorteile mit sich:
- Ein iterativer Veränderungsprozess kann innerhalb der Organisation ausgelöst werden.
- Das Verständnis und die Steuerung von Interaktionen zwischen den Teams steigt.
- Die Organisationsebenen werden erstmals miteinander in Beziehung gesetzt: Teams können sehen, wie die operative Arbeit mit der Strategie zusammenhängt. Führungskräfte sehen, wie die Strategie mit der Realität zusammenhängt.
- Vorhaben innerhalb der Organisation werden transparent(er).
- Ein gemeinsamer Fokus kann geschaffen werden.
- Die Strategie der Organisation wird tatsächlich umgesetzt und der Fortschritt bei der Erreichung der strategischen Ziele kann gemessen werden.
Wer die eigene Organisation «agilisieren» will, sollte bei der Interaktion innerhalb der Organisation beginnen. Strategieentwicklung bedeutet deshalb Investition in die Schnittstellen der Organisation. Das Flight-Level-Modell hilft als Kommunikationsinstrument, um die Wirkung von Veränderungen auf den unterschiedlichen Ebenen deutlich zu machen und herauszufinden, wo innerhalb der Organisation der sinnvolle Ausgangspunkt für die Verbesserung liegt.
Fragen? Anregungen?
Welche Erfahrungen haben Sie mit agiler Strategieentwicklung gemacht? Haben Sie in Ihrer Organisation bereits mit dem Flight-Level-Modell gearbeitet? Lassen Sie es mich gerne wissen, indem Sie die untenstehende Kommentar-Funktion nutzen oder mir auf einem anderen Kanal eine Nachricht zukommen lassen. Ich freue mich!
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