Canvas zur Auftragsklärung: Dieses Tool schafft Klarheit bei Strategieprojekten

Kennen Sie diese Situation? Das Meeting läuft nicht, wie erhofft. Die Projektleitung präsentiert stolz die Zwischenergebnisse, doch bei der Auftraggeberin macht sich Ernüchterung breit. Zwischen unausgesprochenen Erwartungen und vagen Zielvorgaben wurde das Projekt in eine Situation manövriert, die niemand wollte – und aus der man nur mit Mühe wieder hinauskommt. Doch offensichtlich hat dies bis zum verhängnisvollen Meeting niemand bemerkt.
Weshalb Abkürzungen bei der Auftragsklärung schnell teuer werden
Diese Situation zeigt ganz deutlich: Die Auftragsklärung wurde zu schnell abgehakt, weil alle «endlich ins Machen kommen» wollten. Ohne gemeinsames Verständnis arbeiten selbst erfahrene Teams am Bedarf vorbei. Oder wie Peter F. Drucker es ausdrückte: «There is nothing so useless as doing efficiently that which should not be done at all.» (Nichts ist so sinnlos, wie etwas effizient zu tun, das eigentlich gar nicht getan werden sollte.)
Dieser Gedanke unterstreicht, warum gerade bei Strategieprojekten Klarheit über das richtige Problem und Ziel unabdingbar ist, bevor teure Ressourcen in Lösungen investiert werden. Abkürzungen in Projekten führen schnell zu Konflikten, Verzögerungen oder gar Projektabbrüchen. Wer die Auftragsklärung und Analysephase überspringt, zahlt spätestens bei der ersten Sackgasse einen hohen Preis.

«25 % der Misserfolge in Projekten sind darauf zurückzuführen, dass Menschen versuchen, die falschen Probleme zu lösen.»
Darrell Mann, ehemaliger Rolls-Royce-Chefingenieur
Und dass es bei der Projektarbeit gleich doppelt teuer werden kann, zeigt ein Blick in die Statistik: Die Projektifizierung hat in den vergangenen stark Jahren zugenommen. Kaum ein Tag, an welchem nicht ein neues Projekt aus dem Boden gestampft wird. 2022 entfielen 34,5 % der gesamten Arbeitszeit auf Projekte.
In Deutschland betrug die Bruttowertschöpfung durch Projekttätigkeit 1,2 Billionen Euro. Im Wissen, dass 2 von 3 Strategieprojekten scheitern, werden allein in Deutschland jährlich beinahe 800 Milliarden Euro aufgrund schlechter Projektplanung und -umsetzung in den Sand gesetzt.
Warum wird die Auftragsklärung in der Praxis oft vernachlässigt?
Trotz ihrer offensichtlichen Bedeutung wird die Auftragsklärung in der Praxis häufig unterschätzt oder gar ganz vernachlässigt. Gemäss Gartner haben Organisationen, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Strategieprojekten aufweisen, drei Dinge gemeinsam:
- Sie haben die Verantwortlichkeiten nicht geklärt.
- Sie sind unfähig, Ziele an Teams und Einzelpersonen weiterzugeben.
- Sie können keine Prioritäten setzen.
In der Hektik des Tagesgeschäfts werden Projekte oft «mal eben» zwischen Tür und Angel initiiert. Führungskräfte werfen spontane Ideen in die Runde, übereifrige Projektleiter:innen fangen diese «nebulösen Projektwolken» auf und legen direkt mit der Umsetzung los, ohne nachzufragen.
Nicht selten herrscht die (irrige) Annahme, dass Nachfragen bei Auftraggeber:innen als Zeichen von Schwäche oder Inkompetenz ausgelegt werden könnten. Kommt hinzu, dass in vielen Unternehmenskulturen es als unerwünscht gilt, wenn jemand den Vorgesetzten «dumme Fragen» stellt. Dieses Klima begünstigt einen vorschnellen Projektstart ohne ausreichende Klärung.
Kommt hinzu, dass manche Auftraggeber:innen absichtlich Details vage halten. Je klarer der Auftrag ist, desto mehr kann überprüft werden, ob er erfüllt wurde. Diese Transparenz scheuen einige, weil sie ungern die negativen Konsequenzen bei Nichterfüllen der Ziele durchsetzen wollen.
Wie gelingt die Auftragsklärung trotzdem?
Eine klare Auftragsklärung von Beginn an führt zu besseren Ergebnissen und verhindert Missverständnisse und Frustration auf beiden Seiten. Deshalb führt eine detaillierte Auftragsklärung bei Strategieprojekten, Change-Initiativen und Produktentwicklungen immer zu mehr Klarheit und Struktur. Mit diesen Schritten gelingt das Vorhaben umso besser:
- Bewusstsein schaffen und Zeit einplanen: Zunächst muss in der Organisation verankert werden, dass die Auftragsklärung kein «nice-to-have», sondern ein «must-have» ist. Führungskräfte sollten aktiv ein Klima fördern, in dem Nachfragen und Klärungsbedarf als Professionalität gelten, nicht als Schwäche. Es lohnt sich ausdrücklich, mehr Zeit für die Auftragsklärung einzuplanen.
- Formales Auftragsklärungsgespräch durchführen: Projektbeauftragungen dürfen ab sofort nicht mehr «im Vorbeigehen» erledigt werden. Stattdessen sollte ein strukturiertes Gespräch zwischen Auftraggeber:in und Projektleitung erfolgen, bevor das operative Arbeiten beginnt. In diesem Gespräch werden die Ideen, Vorstellungen und Ziele der Auftraggeber:innen ausführlich dargelegt und vom Gegenüber durch Fragen präzisiert. Wichtig ist, hier wirklich alle relevanten Stakeholder oder zumindest Vertreter:innen einzubinden, damit ein gemeinsames Verständnis entstehen kann.
- Hintergründe, Ziele und Nicht-Ziele dokumentieren: Ein zentrales Ergebnis der Auftragsklärung ist eine schriftliche Fixierung dessen, was genau erreicht werden soll – und ebenso, was nicht zum Projekt gehört. Klare, eindeutige und messbare Ziele sollten gemeinsam definiert werden. Nur dann lässt sich am Ende überprüfen, ob das Vorhaben erfolgreich war. Genauso wichtig ist die Abgrenzung: Welche Themen oder Aufgaben fallen bewusst nicht in den Projektumfang? Diese Negativabgrenzung schafft Klarheit über die Grenzen des Projektes und verhindert spätere Enttäuschungen, wenn implizit Erwartetes gar nicht geliefert wird.
- Regelmässige Abstimmung und Anpassung einplanen: Eine einmalige Klärung zu Projektbeginn genügt nicht immer – gerade auch in längerfristigen Projekten oder Change-Vorhaben. Rahmenbedingungen können sich ändern, neue Erkenntnisse können auftauchen. Daher sollte im Vorhinein vereinbart werden, wann regelmässige Review- und Abstimmungstermine zwischen Auftraggeber:in und Projektleitung durchgeführt werden. In diesen Runden kann man den Projektauftrag bei Bedarf aktualisieren, Missverständnisse früh ausräumen und sicherstellen, dass alle weiterhin «auf dem gleichen Stand» sind.
Canvas zur Auftragsklärung: Tool für mehr Orientierung und Struktur in Projekten
Intuitive Tools helfen, um Projekte von Anfang an auf ein klares, gemeinsames Verständnis hin aufzusetzen. Den Canvas zur Auftragsklärung habe ich bereits unzählige Male bei Projekten und Strategievorhaben genutzt. Er hilft als visuelles Strukturierungstool, alle relevanten Aspekte eines Projektes auf einen Blick zu erfassen und systematisch zu durchdenken.
Sämtliche Elemente der Auftragsklärung lassen sich als Reise visualisieren. Wer sich auf den Weg begibt, wird unterwegs mit Risiken, Ressourcen und Meilensteinen zu tun haben, um schliesslich in einer gewissen Zeit ein Ergebnis in zuvor definierter Qualität vorliegen zu haben.

Der Canvas unterstützt Teams und Auftraggeber:innen dabei, frühzeitig Klarheit zu schaffen, Erwartungen abzugleichen und Prioritäten zu definieren. So entstehen eine gemeinsame Orientierung und Verbindlichkeit, bevor die operative Arbeit beginnt. Das erhöht die Qualität des Projektstarts und reduziert später das teure Nachsteuern.

Canvas zur Klärung von Projektaufträgen mit der Auftraggeberin / dem Auftraggeber oder dem Projektteam während etwa 60 Minuten.
Sie können den Canvas alleine ausfüllen – in Form einer strukturierten Selbstreflexion. Gerade in der Vorbereitung auf ein Gespräch mit Auftraggeber:innen und Stakeholdern kann dies eine wertvolle Übung sein, um das eigene Verständnis zu schärfen, blinde Flecken zu erkennen und gezielt Rückfragen zu stellen.
Im Austausch mit den Auftraggeber:innen oder im Projekt-Team wird der Canvas zu einem Dialog-Werkzeug. Innerhalb von 60 bis 90 Minuten können so ein gemeinsames Bild des Projektes entstehen, Erwartungen abgeglichen, Rollen geklärt und Unsicherheiten transparent gemacht werden. Die visuelle Struktur soll die Moderation unterstützen und dafür sorgen, dass Diskussionen fokussiert bleiben.
Fragen? Andere Beispiele?
Wann haben Sie zuletzt eine erfolgreiche Auftragsklärung erlebt? Haben Sie bereits Erfahrungen mit dem Canvas zur Auftragsklärung? Lassen Sie es mich gerne wissen, indem Sie mir auf dem Kanal Ihrer Wahl eine Nachricht zukommen lassen. Ich freue mich!
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