«Ein zahnloser Tiger mit scharfen Krallen»

Wie kann Qualität im Arbeitsalltag von Journalisten gemessen, gesichert und ausgebaut werden? Stehen redaktionelle Absicht und Publikumsmeinung in einem sich konkurrierenden Wettkampf? Diese und weitere Fragen versuchten erfahrene Praktiker an der elften Herzberg-Tagung vom 3. November 2010 zu beantworten.

Wie kann Qualität im Arbeitsalltag von Journalisten gemessen, gesichert und ausgebaut werden? Stehen redaktionelle Absicht und Publikumsmeinung in einem sich konkurrierenden Wettkampf? Diese und weitere Fragen versuchten erfahrene Praktiker an der elften Herzberg-Tagung vom 3. November 2010 zu beantworten.

Wer journalistische Qualität sichern will, muss diese zuerst definieren und anschliessend erschaffen. Qualität ist keine absolute Grösse und kann nur bedingt gemessen werden. Oft hängt journalistische Qualität von vielen Einflussfaktoren ab. Erst während den vergangenen 20 Jahren konzentrierten sich Medienwissenschaftler innerhalb der Journalismusforschung auf Qualitätsmessungen und Elemente der Qualitätssicherung.

Die Meinung des Publikums als Qualitätsmessgrösse
Vor allem in öffentlich-rechtlichen Medien spielt die Qualitätssicherung eine wichtige Rolle, da diese Medien einen im Gesetz festgehaltenen Leistungsauftrag aufweisen. Das ständige Abwägen zwischen Relevanz und Interessanz äussert sich besonders bei solchen Medien in ihrer journalistischen Alltagsarbeit. Dabei spielt oft auch die Publikumsmeinung eine wichtige Rolle. An der diesjährigen Herzberg-Tagung erklärte Manfred Pfiffner, Präsident des Publikumsrates der SRG SSR idée suisse, unter anderem die Rolle des Publikumsrates und dessen Einflussmöglichkeiten auf den öffentlich-rechtlichen Journalismus in der Schweiz.

Vertrauensbasis «auf dicker werdendem Eis»
«Wir sind ein zahnloser Tiger. Allerdings einer mit scharfen Krallen», meinte Pfiffner zum Selbstbild des Publikumsrates. Es dürfe nicht vergessen werden, dass dieser nur eine beratende Instanz sei, die lediglich über eine Weisungsbefugnis gegenüber den produzierenden Redaktionen verfüge. Die 26 repräsentativ ausgewählten Ratsmitglieder treffen sich einmal im Monat zu einer halbtägigen Sitzung. An diesen Treffen werden Sendungen analysiert und im Plenum diskutiert. Dass die daraus resultierende Kritik nicht immer auf offene Ohren stosse, habe mittlerweilen etwas abgenommen, so Pfiffner. Er sei froh, dass der Publikumsrat in letzter Zeit vermehrt bereits von Anfang an bei Konzeptionierungen neuer Sendegefässe mit einbezogen werde: «Wir waren in hohem Masse bei der Schaffung des neuen Radioangebots «DRS 4 News» beteiligt, was uns äusserst erfreute.» Die Vertrauensbasis sei wie eine Eisschicht, die langsam dicker werde, so Pfiffner.

Ein Qualitätsvorteil auch für andere Medienunternehmen
Manfred Pfiffner ist überzeugt, dass sich ein Publikumsrat auch in anderen Medienunternehmen positiv auf deren Qualität auswirken würde. Allerdings müsse man beachten, dass die Strukturen auf einem professionalisierten Fundament gründen. Es sei ihm bewusst, dass sich eine solche Institution nicht alle Medienorganisationen in gleichem Masse leisten können.
Einen Schritt in diese Richtung will 20minuten.ch gehen, wie dessen Redaktionsleiter, Hansi Voigt, in seinem Referat betonte: «Ein Zukunftsprojekt, um die Qualität unserer Produkte zu fördern, könnte zum Beispiel auch ein Leserbeirat sein, den wir einberufen wollen».
In welcher Form sich Kritik in Zukunft auch immer äussern wird – zu guter Letzt liegt grossteils die Verantwortung bei den Journalisten und der Tatsache, ob diese mit offenen Ohren auf Verbesserungsvorschläge eingehen.

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